Wildkatzen und Einsiedler am Fluss

Hardegg, Niederösterreich

Ein bisschen mehr als eine Stunde Fahrzeit, ein kurzer Aufenthalt in Retz und ich parke mich beim Nationalparkhaus in Hardegg ein. Der Wetterbericht hat wieder mal mehr wie gelogen, denn von Sonne ist weit und breit nichts zu sehen. Egal, wir machen uns auf den, gut beschilderten, Wildkatzenwanderweg.

Entlang des Weges verbergen sich elf Wildkatzen-Silhouetten in ihrer natürlichen Umgebung. Oft gar nicht so einfach, diese im heutigen grauen Wald wahrzunehmen. Deren Aussehen, Lebensweise und Geschichte wird auf den Schautafeln erklärt.

Irgendwie wirkt der naturbelassene Wald unheimlich. Ist es die Neugierde, die Furcht vor dem Fremden oder die Erwartung doch eine der wunderschönen, aber wahnsinnig scheuen Katzen zu sehen? Ich habe keine Ahnung, aber wohl fühle ich mich nicht. Der Wald wirkt einsam und verlassen, und dennoch voller Leben. Der leichte Wind spielt mit den Baumwipfeln. Die Bäume ächzen ein seltsames Lied.

Durch die dicke Wolkendecke dringt kaum Licht auf unseren Weg.

Ich versuche Spuren zu lesen. Ein oder mehrere Rehe kreuzten wohl den Weg, dann waren sie sogar direkt am Wanderweg unterwegs. Waren Wildschweine auf der Suche nach Eicheln und sonstigem Futter? Ist es hier ein Hund oder ein Wolf?

Hinter den kleinen Birken lugt eine Wildkatze hervor. Nein, keine Echte, sondern eine Silhouette aus rostigem Eisen.

Irgendwo raschelt es im Laub. In der Ferne ruft ein Greifvogel. Der mystisch wirkende Wald beflügelt unsere Phantasie und so begegnen wir einer grünen Mamba, einem Nationalparkhirschen und einem Thayakarpfen.

Und dann machen wir eine grenznahe Erfahrung.

Es liegt nicht nur an der derzeit herrschenden Pandemie, dass wir Österreich nicht verlassen, aber die eiskalt vor sich hin plätschernde Thaya wirkt nicht einladend. Ein eigenartiges Gefühl, zu wissen, dass ein Teil des Astes bereits die Grenze passiert hat.

Wir haben das Ende des Wildkatzenwanderweges, die Einsiedlerwiese erreicht. Mein Herz hüpft höher, unter unseren Füßen sprießen Unmengen Frühlingsboten.

12 Meter über unserem Kopf ist die sagenumwobene Einsiedlerklause, des einstigen Ritters. Nett hier, wenn auch gleich die Felsen und die karge Umgebung aufgrund des schlechten Wetters und Lichts leicht bedrückend wirken. Besser ist eine Wanderung im Frühjahr, wenn die Wiese voller Leben und Blüten überzogen ist.

Zurück geht der Weg aus der Sackgasse entweder am gleichen Weg, oder wie wir, über den Steig mit zwei tollen Ausblicken auf die Thaya und nach Hardegg, der kleinsten Stadt Österreichs, mit der gleichnamigen Burg.

Der Weg ist als Einsiedlerweg beschildert. Nachdem es aber mit dem Wetter immer schlechter und im Wald finsterer wird, brechen wir bei der Gabelung mit dem Thayatalweg 1 ab, marschieren die paar Meter zurück zum Wildkatzenweg und so zum Ausgangspunkt. Ansonsten könnte man den Einsiedlerweg einfach über den Gabrielen- und Kirchensteig weiter bis zum Nationalparkhaus folgen. Von der Länge ist es ziemlich gleich.

Abends gibt es in meiner Zauberküche mal nichts aus dem Krisenkochbuch. Heute haben wir uns bei der Anreise am Bauernmarkt in Retz mit Köstlichkeiten eingedeckt, dazu ein herrliches Brotocnik-Brot. Und am Rückweg haben wir uns bei Weinbauern noch ein paar Flaschen mitgenommen. Das wird ein schöner Ausklang eines mystischen Ausflugs.

Übrigens, wir waren 3 Stunden unterwegs.

Der gesamte Weg ist laut Internet in etwa 6 Km mit rund 225 Höhenmetern. Weitere Beschreibung und Karte unter https://www.np-thayatal.at/de/pages/news_detail.aspx?id=67&page=5.

Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer

Fotos von Fotografin Renate, www.fotografinrenate.at 

Transparenz

Wien, 27.02.2021