Wildwasserpfad

Mariensee, Industrieviertel, Niederösterreich

Mich fröstelt und ich habe eine Gänsehaut. Kein Wunder, wir kommen aus dem, schon am Morgen, schwülen Wien bei 23 Grad und stehen nun am Beginn der Wanderung auf knapp 1.000 Meter bei 16 Grad mit kurzer Hose und leichtem T-Shirt.

Der Pöstlingbach rauscht neben uns ins Tal. Der Weg ist angenehm, wenn auch teilweise sehr feucht. Anscheinend gab es in der Nacht ein größeres Gewitter. Zum Glück sind unsere Schuhe wasserfest. Entlang des Wildwasserpfads gibt es einige Schautafeln mit Informationen und Fragen. Nett, abwechslungsreich und beeindruckend. So wunderschön hier, so entspannend und das Rauschen des Wassers beruhigend.

Immer wieder sehen wir Schmetterlinge, lauschen Vogelstimmen und queren den Pöstlingbach über die Holzbrücken ohne Geländer. Nun gut, bisserl Abenteuer muss sein, denn solche Brücken stehen gar nicht auf meiner Wunschliste.

Dort, wo der Pöstlingbach direkt über die Forststraße fließt, geht es nun bergauf zum 20 m hohen Wasserfall. Und los geht es. Und ich schmeiße schon bald die Nerven. Zwar habe ich im Internet sehr wohl gelesen, dass jeder Wanderbericht von einer Kraxelei zum Wasserfall berichtet, aber so einen verschlungenen Pfad habe ich nicht erwartet. Für uns Großstadtwanderer eine enorme Anstrengung und Herausforderung. Hoch über meinem Kopf bricht das Wasser zu Tale, während zu meinen Füßen sich Steine und Wurzeln tummeln. Irgendwann müssen wir sogar kurz ins Wasser steigen um weiter zu kommen.

Wir stehen ungefähr auf der Hälfte des Weges. Wobei Weg ist gut, ich sehe eigentlich gar keinen Weg. Irgendwie sehe ich nur Steine, in unterschiedlichen Größen, die ein Weg sein könnten. Ich schmeiße nochmals die Nerven, nun komplett. Ich schaue zurück, gut da gehe ich nicht mehr runter. Aber weiter mag ich auch nicht. Kann man mich bitte abholen, abseilen, ausfliegen oder was auch immer? Mein "Chef" ist hinter mir und treibt mich an. Wir müssen weiter.

Irgendwie schaffe ich es und wir stehen am Beginn des Wasserfalls. Hier gibt es eine Aussichtplattform und Rastmöglichkeit. Beides nehme ich dankend an. Also als "leicht", wie in den Wanderbeschreibungen überall steht, würde ich dieses Stück nicht einstufen. Nicht als Großstadtwanderer. Wobei vor ca. 1 ½ Jahren, als wir mit unseren Wanderungen begonnen haben, wäre ich wahrscheinlich nicht mal bis zum ersten Stein gekommen. Kondition haben wir in den letzten Jahren schon aufgebaut, aber Mut fehlt noch immer.

Nach einer Pause geht es weiter. Der Weg ist nicht besser als zuvor, irgendwo steige ich schon wieder ins Wasser und freue mich über die wasserfesten und relativ rutschfesten Schuhe. Endlich, die Himmelsstiege zur Forststraße. Abenteuer beendet. Oben angekommen fallen wir uns um den Hals. Wir sind komplett verschwitzt, abgehetzt aber unendlich glücklich.

Ab nun geht es zwar noch rund 40 Minuten ständig bergauf, aber auf einer breiten Forststraße mit teilweise herrlichen Ausblicken. Endlich erreichen wir die Marienseer Schwaig auf 1.478 m Seehöhe. Dann mal die ersten Schlucke auf unsere Leistung. Dazu eine super Stärkung. Das frisch gebackene, hauseigene Holzofenbrot hat es mir angetan. Ich esse es gleich ohne allem, so gut, ein Traum! Sowas gibt es in der Stadt gar nicht mehr.

Es wird kühl. Das Wetter ist nicht so sonnig, wie angekündigt. Wir ziehen weiter. Von hier gibt es 3 Abstiegsmöglichkeiten. Die längste Route führt über Forststraßen zurück bis zur Himmelstiege und dann rund um den Wasserfall. Die steilste und schnellste Route ist der Schindelsteig. Uns empfiehlt die Hüttenwirtin den "Almweg Mariensee" (blaue Markierung). Er ist war auch nicht ganz einfach für uns, aber wir kommen gut behalten am Ausgangspunkt an.

Es war eine wunderschöne Wanderung in einer unberührten Natur mit vielen Erlebnissen. Nur wie schon erwähnt, als "leicht" in Augen der Großstadtwanderer würde ich ihn nicht einstufen.

Strecke lt. Angabe: knapp 7 km

Höhenmeter: knapp 500

Start und Ziel: Parkplatz beim Biotop, ca. 1,5 km nach Mariensee, gut ausgeschildert

Weitere Infos mit freundliche Genehmigung: Gemeinde Aspangberg-St. Peter

Unsere Dauer inkl. Fotos, Rast beim Wasserfall, Mittagspause auf der Marienseer Schweig: 5 Stunden

Zusätzliche Hinweise aus unserer Sicht: Weg war am Tag unserer Wanderung gut beschildert. Beim Wasserrad und Wasserfall Rastmöglichkeit. Öffnungszeiten der Marienseer Schwaig beachten. Ohne feste Schuhe, Grundkondition und Schwindelfreiheit nicht zu empfehlen.

Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer

Fotos von Fotografin Renate, www.fotografinrenate.at 

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Wien, 26.05.2022