Martiniweg

Immendorf, Weinviertel, Niederösterreich

Das Dorf, das nach einem Mann mit dem Namen 'Immo' benannt ist, hatte sich bis heute nicht in mein Gedächtnis geschoben. Nur wenige Informationen habe ich im Vorfeld über den Martiniweg, ausgehend von der Kellergasse Zeiselbergen, gefunden. Deshalb bin ich sehr positiv überrascht, dass gleich zu Beginn eine kleine Übersichtstafel und das erste Hinweisschild steht. Weniger glücklich bin ich mit den vielen glatten Stellen in der Kellergasse. Tja, wir müssen ja unbedingt im Winter wandern gehen, selbst Schuld.

In der Raststation mit Selbstbedienung stärken wir uns mit einem Stamperl wärmenden Rotweinlikör. Gut gelaunt geht es durch einen wildromantischen Hohlweg, über freie Felder und am Rande des Mailberger Waldes entlang. Trotz des winterlichen Tages genießen wir die unglaubliche Weitsicht in das Wullersdorfer Becken.

Auf den Feldern spielen Hasen, irgendwo queren zwei Rehe unseren Weg. Über unseren Köpfen kreisen Greifvögel und irgendwann sprintet eine Maus zwischen unseren Füßen durch. Die Stille tut uns gut. Die Welt scheint das Tempo zu reduzieren und sich auf das Wesentliche zu beschränken.

Solange wir Traktor- und Autospuren folgen können, ist der Weg recht gut zu gehen. Erst kurz vor dem Galgenberg stehen bis weit über die Knöchel im Schnee. Irgendwie habe ich das Gefühl jeden Schritt mindestens zweimal zu setzen. Mir wird warm.

Den Ort der Gerichtsbarkeit, auf spektakulären 346 m Seehöhe, dominiert die Galgensäule, auch wenn keine Berichte über vollstreckte Urteile bekannt sind. Auf alle Fälle liegt uns scheinbar die Welt zu Füßen. Traumhaft schön. Und wie auf Bestellung erhellt sich für einen kurzen Moment der Himmel um sogleich von leichtem Schneefall abgelöst zu werden.

Bergab setzen wir, neben Hasen, Rehen und kleinen Raubtieren, die ersten Menschenspuren in die weiße Pracht. Der Schnee reicht bis weit über die Knöchel und ich bin froh, dass unsere Wanderschuhe wasserfest sind. Dass wir einige Zeit später bis kurz unter die Knie in Schneeverwehungen einbrechen werden, wissen wir hier noch nicht.

Der Schnee knirscht unter unseren Schritten und immer und immer wieder sinken wir ein. Ich mag nicht mehr. Leider hilft es nichts, wir müssen weiter. In der Ferne tauchen Dächer einer Kellergasse auf. Meine leise Hoffnung, am Ziel zu sein, wird zerschlagen. Vorab passieren wir noch die Haidberg- und sodann die Loamgstettn Kellergasse. Die Schönheit entschädigt die Anstrengung.

Für kurze Verwirrung sorgt in der Loamgstetten der Hinweis "Martiniweg - Kellergasse Zeiselbergen 2,6 km". Das kann nicht sein, dass wir erst rund 5 km unterwegs sind! Doch glauben darf man dem Schild nicht, denn der Weg zum Ausgangspunkt ist nur rund 1 km. Auf diesen Schrecken kehren wir gleich nochmals in der Raststation ein, verkosten Traubensaft und Rotwein und nehmen gleich die angefangenen Flaschen mit nach Wien.

Nun ab nach Hause, wo es Hühnersuppe mit unterschiedlichen Einlagen und Apfelstrudel gibt. Heute traue ich mich mal abseits des Krisenkochbuches an den Herd.

Strecke lt. Angaben: 7,6 km

Höhenmeter: rund 74

Start und Ziel: Kellergasse Immendorf

Unsere Dauer inkl. Fotos, zwei kurze Stopps bei der Raststation in der Kellergasse sowie Teepausen entlang der Strecke: 3 ½ Stunden

Kleiner Tipp aus Sicht der Großstadtwanderer: Bei Bedarf Verpflegung mitnehmen. Gut beschildert. Für die Raststation Kleingeld mitnehmen. Preise stehen angeschrieben, Kassa ist vor Ort. Ebenso steht eine WC-Möglichkeit zur Verfügung.

Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer

Fotos von Fotografin Renate, www.fotografinrenate.at 

Transparenz

Wien, 11.12.2021