Einkaufsschlangen, Geisterstädte oder Onlineriesen
Wir schreiben Montag, 16.11.2020. Ab Mitternacht geht Österreich aus dem leichten in den 2. harten Lockdown der Geschichte ein. Ja, das Jahr 2020 ist ein besonderes Jahr. Corona hat uns fest im Griff. Also nicht nur uns, sondern die ganze Welt.
Diesmal ist es aber anders, als im März. Diesmal haben wir schon Ende voriger Woche mit Spekulationen über einen zweiten Lockdown begonnen. Und die wurden dann in der flammenden Rede unserer Politiker am späten Samstagnachmittag bestätigt.
Damals im März hieß es kurzfristig, ab Morgen ist Lockdown. Basta.
Nun, diesmal konnten wir uns vorbereiten und diese Vorbereitung gipfelte in langen Einkaufsschlagen vor Geschäften, überfüllten Parkplätzen und einer Menge Diskussionsstoff in den sozialen Medien. Immerhin sollen, wenn alles glatt geht, die Geschäfte erst wieder am 07.12. aufsperren. 17 Tage vor Weihnachten. Dazu preisen große Ketten ihre aktuellen Winterwaren zu Schnäppchenpreisen an. All das führte am Samstag, und auch teilweise gestern am Montag, zu Hamsterkäufen.
Nun, uns ging diese ganze Hektik, gelinde gesagt, am ... Lassen wir das. Werden wir nicht ausfallend. Also gut, wir waren in keiner Schlange dabei. Ich mag die Tiere nämlich nicht. Sie sind zwar nicht so klitschig, wie angenommen, aber falsch, hinterhältig und unter Umständen tödlich. Tja, davon gehen auch Kritiker bei Einkaufsschlangen in Corona-Zeiten aus. Hoffen wir mal, für alle Einkäufer, dass sich diese ewigen Nörgler und Pessimisten diesmal ordentlich täuschen. Hoffen wir mal, dass sich alle Einkäufer an den Produkten und nicht an Corona erfreuen.
Die anderen, die nicht in den Einkaufsschlangen anstanden, sitzen am Computer und überfordern die virtuellen Warenkörbe diverser Onlineanbieter und sodann die realen Paketdienste.
Kurz vor dem Herzinfarkt
"Waaaaaaaaaas? Du hast KEIN Konto bei Amazon, Zerlando und Co?", brüllte mir letztens eine Freundin ins Ohr. "Wie kaufst du dann ein? Und wieso stellt dir Billa, Merkur, Spar und Co Deine Lebensmittel nicht zu? Und über Mjam und Co bestellst du auch nichts?"
Sie konnte es nicht glauben. Mrs. digitale Welt befand, dass ich mich in Zeiten von Fred Feuerstein bewegen muss und ging knapp am Herzinfarkt vorbei.
Nun, nein, also ich habe überhaupt nirgends ein Onlinekonto. Auch besitze ich lediglich eine einzige APP auf meinem alten Handy. Und ja, ich habe noch einen Atlas anstatt eines ständig aktualisierten Navis im Auto. Und ja, ich gehe noch in Geschäfte. Persönlich. In voller Größe und lebendig. Und ja, ich koche selbst. Wer übrigens Ideen für den 2. Lockdown braucht, findet hier mein Krisenkochbuch aus dem 1. Lockdown. Und nein, ich war seit Verkündung von Lockdown 2 nicht einkaufen. Und nein, ich habe mir die Füße in keiner Einkaufsschlange in den Bauch gestanden. Und nein, ich bestelle auch weiterhin nichts online.
Sie fällt anscheinend gerade aus ihrer Welt oder verbannt mich von ihrer Freundesliste, weil ich altmodisch aus der Reihe tanze.
Die schöne, neue Shoppingwelt
Klar, ich stelle mir mal folgendes vor:
Ich sitze am Computer, durchforste Onlineplattformen auf der Suche nach den entsprechenden Produkten. Egal ob Lebensmittel oder Freizeitartikel. Ob Gewand oder Haushaltsware. Egal, was. Und ich sehe, was ich möchte, bestelle, was ich brauche.
Nun, dann kommt der Lieferant. Nachdem ich aber sehr oft nicht zu Hause bin, hinterlässt er mir einen Zettel, wo ich die Bestellung abholen kann. Nun, sehr gut. Tja, wenn ich den Zettel bekomme. Ist bei uns nicht immer so gesagt. Angenommen, ich habe ihn und marschiere zur Abholstation. Wo die auch immer sein mag.
Dann schleppe ich den Karton nachhause. Öffne freudig erregt. Probiere das Gewand und stelle fest, dass es weder dem Bildchen im Netz, noch meinen Vorstellungen entspricht. Von einer perfekten Passform sehen wir mal überhaupt ab. Also Karton wieder verkleben, alles retour. Ich schleppe ihn zu einer Abgabestelle, um dort nach einer Stunde in der Schlange, alles retour zu schicken. Tja, wie oft dieses Szenario sich wiederholt, hängt davon ab, wie oft mir eine andere Größe, ein anderer Artikel,... geschickt wird.
Inzwischen hat irgendein lustiges Kerlchen mein Konto gehackt und gleich auf meine Kosten mitbestellt. Das sehe ich aber erst bei der nächsten Abrechnung. Schön, hoffe, er hatte bei seiner Bestellung mehr Glück als ich.
Oder noch besser, die Bestellung ist zwar bezahlt, aber kommt überhaupt nie an. Der Lieferant versichert mir hoch und heilig, alles weggeschickt zu haben, aber wo es gelandet ist, weiß er auch nicht. Auf jeden Fall hat es ein Herr so und so oder eine Frau so und so im Haus oder daneben oder im nächsten Bezirk oder keine Ahnung wo für mich übernommen. Unterschrift natürlich nicht lesbar.
Achja, die schöne Online - Shoppingwelt. So einfach und gut.
Einkaufsschlange oder Geisterstadt
Möge ich jetzt weiterhin für altmodisch abgetan werden, soll es mir recht sein. Jeder kann sein Leben gestalten, wie er es für sich am Besten hält. Ich halte niemanden auf. Wir sind unheimlich viele Menschen, mit unheimlich vielen Meinungen. Und solange niemand dem anderen Mitmenschen Schaden zufügt, kann er tun und lassen was er möchte. Seine Zeit einteilen, wie er will. Sein Geld ausgeben, wofür er möchte. In Einkaufsschlangen stehen solange er will oder tausende Male auf die Post laufen.
Ich werde weiterhin in meine Geschäfte gehen. Weiterhin meine Einkäufe selbst nachhause schleppen und somit den kleinen und natürlich auch großen Läden eine Überlebenschance geben. Sonst leben wir bald alle in leeren Geisterstädten.
Keine Angst bitte
Achso, und für alle, die sich jetzt Sorgen um mich machen. Das ist ganz lieb, aber als gelerntes Eichhörnchen mit Vorfahren, die Kriege erlebten, habe ich immer genügend Lebensmittel im Haus um mindestens 3 Wochen niemanden verhungern zu lassen. Ebenso die notwendigsten Dinge, u.a. das allseits beliebte Häuselpapier. Dazu Waschpulver und die wichtigsten Kosmetikartikel. Und wer genau liest, weiß, dass die Grundversorgungsläden auch weiterhin geöffnet haben. Und sich in ein oder zwei Tagen auch die, derzeit leergekauften Regale, wieder füllen.
Wir müssen weder verhungern, noch verdursten, noch sonst wie leiden. Und wie hat mein Großvater schon gesagt: "Was dir nicht fehlt, brauchst du auch nicht!"
Weihnachtsgeschenke 2020
Und ja, danke der Nachfrage: ich weiß auch, dass Weihnachten vor der Tür steht. Und ja, ich weiß, dass es Zeit der Geschenke ist. Aber keine Sorge, ich habe schon alle: Denn dieses Jahr gibt es Gutscheine. Nein, nicht für Onlineeinkäufe. Sondern für ZEIT! Für gemeinsame ZEIT! ZEIT, die uns das Jahr 2020 gestohlen hat. ZEIT, die wir 2021, wenn es hoffentlich wieder geht, mit unserer Familie und unseren Freunden mehr denn je gemeinsam genießen werden. Dazu gibt es für jeden eine selbstgemachte, persönliche Überraschung. Und für diese Geschenke brauche ich mich in keiner Einkaufsschlange anstellen.
In diesem Sinne: BLEIBT ALLE GESUND. Genießt, trotz Corona, euer Leben in vollen Zügen. Und gestaltet es, wie ihr es für richtig haltet.