Die Natur läuft uns nicht davon

25.05.2021

Kopfschüttelnd surfe ich durch die sozialen Medien. Seit über einem Jahr plagt das Thema Corona die Welt. Wir wechseln zwischen Lockdown, Öffnungszeiten und hoffnungsvoller Normalität. Momentan sind wir wieder mit Öffnungen beschäftigt und vor Geschäften bilden sich regelrechte Menschenschlangen. In der Gastronomie sitzen Schnitzelliebhaber trotz aller Vorschriften Schulter an Schulter. Am Flughafen drängen Urlaubshungrige Richtung Gate.

Ich lasse die letzten Monate Revue passieren, während gleichzeitig eine Anfrage meiner Freundin aufpoppt: "Was macht ihr am Wochenende? Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh wir sind, dass wieder alles offen ist. Zuerst shoppen, dann Essen gehen, endlich wieder Veranstaltungen. Wo soll ich anfangen? Eine stressige Zeit, aber zum Glück kann ich alles in der neuen Zeitapp organisieren!"

Ich denke nach. Mein Handy ist an die 10 Jahre und würde bei der ersten größeren APP wohl gleich mal das Zeitliche segnen. Shoppen? Was soll ich shoppen? Während der letzten Lockdowns war Zeit zum Ausmisten. Wir haben von allem viel zu viel. Unsere Möbel sind aus Vollholz und überstehen somit sicher noch die nächsten Katastrophen. Die Elektrogeräte leisten brav ihren Dienst, auch wenn unser Fernseher heuer 10 Jahre wird.

Ich kann mit Stolz sagen, dass kein einziger Zustelldienst je bei uns läuten musste, weder mit Kleidung, Möbel oder Essen. Im ersten Lockdown begann ich mit dem Kochen und lernte mir Tag für Tag neue Speisen. Mittlerweile macht die Küchenzeit schon Spaß. Lebensmittel kaufen wir oft auf Bauernmärkten und in Hofläden. Ich liebe erdige Erdäpfel, gewachsen wie Mutter Natur es wollte, ungleich, aber unglaublich im Geschmack. Ich mag Fleisch, das nicht schon beim Transport die Welt bereist hat und sich in der Pfanne so fürchtet, dass es immer kleiner wird. Ich beiße lieber in den fleckigen Apfel vom österreichischen Baum, als in die gerade Banane vom anderen Ende der Welt.

Seit Corona-Beginn sind wir rund um Wien unterwegs. Anstatt Reisen ins Ausland, erwandern wir die Umgebung. Und es gibt unglaublich viel zu erkunden. Uns ist wichtig, sich auf die Natur einlassen zu können, den Vögeln zu lauschen, dem Wind in den Baumkronen sein Lied zu hören und ständig neue Tiere und Pflanzen zu entdecken.

Während ich so nachdenke, poppt die nächste PN auf: "Ma, das war ein Stress. Zuerst 3 Stunden in der Teststraße, dann haben wir 4 Lokale besucht, die ausgebucht waren und vor meinen Lieblingsgeschäften waren riesige Schlangen. Abends mussten wir rasch feiern, denn um 22.00 ist Schluss. Ich bin wie geschlaucht! Manchmal beneide ich dich für einen kurzen Moment, wenn ich deine Naturberichte lese. Da wäre ich auch gerne. Aber momentan habe ich wichtigeres zu tun - die Natur läuft uns ja nicht davon!".

Wenn sie meint...