Von den großen Meistern lernen wir


Das habe ich nun davon. Wie heißt es so schön: SSKM - Selbst schuld, kein Mitleid.

Jetzt darf ich, aufgrund der derzeit herrschenden Pandemie, nochmals von vorne anfangen. Aber ich muss unbedingt abermals der Einbahnregelung folgen, um mein absolutes Lieblingswerk mit dem Tiger und dem Krokodil ein zweites Mal zu besuchen.

Ob der große Peter Paul Rubens beim Malen seinerzeit daran dachte, dass über 400 Jahre später die kleine Renate mit offenem Mund vor seinem Gemälde stehen wird? Immerhin sind Krokodil und Tiger meine Lieblingstiere. Der Anblick der beiden, in Öl auf der Leinwand vereint, lässt mich nicht mehr los. "Die vier Paradiesflüsse" dieses herausragenden Künstlers muss man einfach gesehen haben. Oder auch doppelt, sowie ich.

Von den großen Meistern lernen wir

Von den alten Meistern lernen. Ja, das können wir Fotografen. Hat mir zumindest einmal ein Kollege gesagt. Ganz sicher bin ich mir da nicht. Viele Gemälde hier im Kunsthistorischen Museum in Wien, vor allem von den holländischen Malern, sind so detailverliebt, so bedeutungsvoll und aussagekräftig. Gut, dass es immer Sitzmöglichkeiten gibt, um die Fülle von Informationen eines einzigen Gemäldes auf sich wirken zu lassen. Hier mal eine versteckte Katze, dort ein junger Hund, hier eine Uhr als Zeichen der Vergänglichkeit, dort ein Porträt im Kerzenschein, hier ein Schmuckstück als Zeichen des Reichtums, dort ein kleiner roter Käfer an der Wand. 

Unglaublich, wie viel Informationen so manches Gemälde dem Betrachter erst beim oftmaligen Hinschauen freigibt. Um ein Foto im Stil der alten Meister zu kreieren braucht es viel Phantasie und eine Unmenge an Utensilien. Wenn ich da an die Fischmarktszenen von Frans Snyders denke, wird mir ganz schummrig. Welch Aussagekraft sich hier auftut. Interessant ist auch, dass hier die Figurengruppe einmal von Van Dyck und einmal von Snyders' Kollegen Cornelis de Vos gemalt wurde.

Wenn wir wirklich von den alten Meistern lernen können, dann wäre das fein für mich - ich liebe Tiere, Landschaften und Stilleben zu fotografieren. Ein Kollege wiederum Menschen. Da könnten wir uns doch auch zusammen tun? Nachdenklich wandere ich weiter.

Jetzt hätte ich Wien nicht erkannt

Ich schalte meinen Retourgang ein - zum Glück bin ich momentan gerade alleine im Raum. Eh, so hat Wien einmal ausgesehen? Bernardo Bellotto's Gemälde ziehen mich in deren Bann. Der Blick vom Belvedere? Schloss Schönbrunn? Die Freyung? Ich nehme Platz auf den bereitgestellten Sitzmöglichkeiten und lasse die Bilder auf mich wirken. Ich begebe mich auf eine kleine Zeitreise. In eine Zeit ohne Corona und Sorgen. Auf den kleinen Markt inmitten der Wiener Innenstadt, höre wie sich die Kutschen nähern, lausche den Gesprächen der Marktfrauen. Höre das Klimpern von Münzen, ein Hund kläfft. Die Szenerie hält mich gefangen, ich spüre den weichen Boden unter den Füssen, als plötzlich ein lautes Knurren die Stille durchbricht und die Marktfrauen zum Innehalten bringt.

Oh, jetzt habe ich doch glatt die Zeit übersehen. Mein Magen meldet sich. Ich breche ab und gönne mir eine Auszeit im hauseigenen Café inmitten der unbeschreiblich beeindruckenden Architektur.

Nach der Pause laufe ich nochmals die Runde. Vorbei an stolzen Gesichtern, an ehrwürdigen Persönlichkeiten, friere in der Winterlandschaft von Pieter Brueghel d. J. und kann mich am Kunst- und Raritätenkabinett von Hans II. Jordaens nicht satt sehen.

Stunden später, wohl auch der derzeitigen Situation geschuldet, dass sich die Besucherzahlen in Grenzen halten und somit echt viel Zeit zum Studium der Kunstwerke bleibt, statte ich noch der Schatzkammer eine kurze Stippvisite ab. Husche einmal durch die Räume, wo mich unendliche Schätze, u.a. auch die berühmte Saliera, im Vorbeigehen funkelnd begrüßen.

Sie alle, wie auch die alten Ägypter und die Sonderausstellung (derzeit über Beethoven), müssen auf meinen nächsten Besuch warten, denn jetzt muss ich die ersten Eindrücke einmal verarbeiten. So umfassend habe ich, ehrlich gesagt, das Museum gar nicht erwartet. Ein Besuch ist auf alle Fälle viel zu wenig.

Wien, 08.10.2020

Transparenz: Fotos von Fotografin Renate. Text bei Renate Stigler. Keine bezahlte Werbeeinschaltung. Bei diesem Text handelt es sich um persönliche Erfahrungen, die eine werbende Wirkung haben könnten, ohne dass ich von irgendeinem Unternehmen dafür beauftragt oder bezahlt wurde! Weiters ist es eine Momentaufnahme am Tage unseres Besuches. Wir weisen darauf hin, dass wir keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Informationen sowie für gegebenenfalls daraus resultierenden Schaden übernehmen.